Foto-Finish: Passbild-Reform in Deutschland?

Foto-Finish: Passbild-Reform in Deutschland?
16 Jan 2020
In Deutschland sollen Passfotos fälschungssicher gemacht werden. Statt im Fotostudio der Wahl würden dann nur noch amtliche Fototerminals als Quelle akzeptiert. Ein Rätsel bleibt, warum die Initiative des Bundesministeriums des Innern die Möglichkeit zertifizierter Fotostudios und elektronisch signierter Passfotos nicht in ihre Überlegungen einbezieht.

 

Qualifizierte elektronische Signaturen machen Dokumente fälschungssicher. Ob ein Dokument echt ist, lässt sich nur mit Sicherheit sagen, wenn jede Veränderung am Original sofort offenkundig ist. Durch kryptographische Verfahren sind bei qualifizierten elektronischen Signaturen auch minimale Veränderungen jederzeit nachvollziehbar.

Doch längst nicht jedes digitale Dokument ist überprüfbar echt. Im Gegenteil: Was z. B. bei Verträgen, Zahlungsfreigaben oder auch Vorstandbeschlüssen durch E-Signaturen mittlerweile selbstverständlich ist, gilt für das Gros digitaler Dokumente nicht. Ob Videoclips oder Fotos: Manipulationen sind heute technisch so einfach, dass Authentizität und Integrität in der visuellen digitalen Welt per se rares Gut sind.

 

Ein Vorschlag mit Folgen

Das wird immer dann problematisch, wenn Bild-Dokumente als rechtliches Beweismittel standhalten müssen. Vor diesem Hintergrund hat Horst Seehofer, Bundesminister des Innern in Deutschland, eine Debatte angestoßen, die nicht jedem gefällt – der Spiegel u. a. berichteten. Vorschlag des Ministers: Passbildaufnahmen werden statt in unabhängigen Fotostudios nur noch unter staatlicher Aufsicht geknipst. Passfotos sollen auf diese Weise fälschungssicher gemacht werden.

Die Folgekosten eines solchen Vorgehens wären in vielerlei Hinsicht enorm. Nach ersten Schätzungen schlagen die dazu notwendigen Fototerminals in der Anschaffung mit fast 180 Millionen Euro zu Buche. Die größten Kosten stehen aber auf Seiten der Berufsfotografen. Hier gehen erste Schätzungen des Centralverbandes der Berufsfotografen von jährlichen Umsatzverlusten in dreistelliger Millionenhöhe aus. Nicht zu reden von drohendem Arbeitsplatzverlust.

 

Neue Chancen für eine ganze Branche?

Dabei kann der Vorstoß des Ministers auch als Steilvorlage für eine umfassende Digitalisierung der Branche gelesen werden: Mit elektronischen Signaturen ließe sich jedes Passfoto gegen Fälschungen und Modifikationen, wie etwa durch Morphing, immunisieren. Zertifizierte Fotostudios könnten dann qualifizierte elektronische Signaturen an die Passfotos anbringen und diese digital an die zuständigen Behörden weiterleiten. Diese dezentrale Maßnahme würde ein komplettes Geschäftsmodell mit Zukunftsfähigkeit ausstatten und helfen, Arbeitsplätze zu sichern – statt sie mit Steuergeldern zu gefährden.